In der Praxis: Frau Dr. med. Junghanns im Gespräch mit einer Frau mittleren Alters

Bioidentische Hormone in den Wechseljahren

Bioidentische Hormone werden gegen Beschwerden in der Menopause angeboten. Doch was sind solch „natürliche“ Hormone? Sind sie sinnvoll?


Zunächst leise dann immer lauter meldet der weibliche Körper die Zeit der Veränderung: die Monatsblutung wird unregelmäßig, Hitzewallungen durchfluten ihn, Schweißausbrüche können folgen, auch Schlaflosigkeit oder Rastlosigkeit sind Anzeichen des Einsetzens der Menopause. Wenn Frauen in die Wechseljahre kommen, geraten auf dieser Reise die Hormone aus dem Gleichgewicht. So klagen zwei Drittel aller Frauen über Beschwerden, suchen Hilfe, um Östrogene oder Progesteron zu harmonisieren. Immer wieder werden bioidentische Hormone als Heilmittel gepriesen. Doch, was sind bioidentische Hormone eigentlich? Helfen sie?

In Internetforen und Zeitschriften gibt es zahlreiche Artikel über Hormontherapien, Medikamente und andere Tipps, wie Frauen die Zeit des Wandels angenehmer gestalten können. Dabei werden immer wieder auch „bioidentische Hormone“ als geeignete Präparate genannt. „Naturidentisch“ oder „natürlich“ seien diese Arten von Hormonen und sie seien ganz auf das individuelle Bedürfnis jeder einzelnen Patientin zugeschnitten. Deshalb seien diese Hormonpräparate gegen Wechseljahrbeschwerden den Produkten der Pharmaindustrie vorzuziehen.

Bioidentische Hormone werden von den Apotheken nach Rezeptur individuell hergestellt, können aber auch als Fertigpräparat erworben werden. Sie haben den Anspruch in ihrer chemischen Struktur denen, der im weiblichen Körper produzierten Hormone zu entsprechen, und „naturidentisch“ zu sein. Dabei beinhalten Präparate der pharmazeutischen Industrie ebenso das bioidentisch hergestellte Östradiol und Progesteron. Denn die Herstellung aller Hormone – ob sie sich „bioidentisch“ nennen, oder aus der klassischen Hormontherapie stammen - basieren immer auf der Yamswurzel. Es ist schlicht einfacher Hormone aus dieser Wurzel herzustellen, als sie chemisch zu erzeugen.

Einzig bei den Gestagenen muss das natürliche Progesteron von den synthetisch hergestellten unterschieden werden. Jedoch entsprechen die von den Pharmaherstellern produzierten Hormone in ihrer chemischen Zusammensetzung exakt jenen der im weiblichen Körper verfügbaren Hormone. Bei welcher Indikation der Einsatz solch eines synthetischen Gestagens sinnvoll sein kann, erklärt und berät die Frauenärztin oder der Frauenarzt.

Bei dem Gebrauch bioidentischer Hormone sollte man hingegen große Vorsicht walten lassen. Während Hormonpräparate, die von Pharmaunternehmen auf den Markt gebracht werden, von der Arzneimittelbehörden auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen untersucht werden und diese auch auf den Beipackzetteln nachzulesen sind, werden bioidentische Hormone oft nur in einem neutralen Gefäß oder einer Tube an die Patientinnen ausgehändigt. Doch das bedeutet keinesfalls, dass sie nebenwirkungsfrei wären. Ganz im Gegenteil besteht sogar das Risiko, dass sie in ihrer Zusammensetzung den gewünschten Inhaltsstoffen und Mengen nicht entsprechen, denn niemand hat ihre Zusammensetzung kontrolliert.

Besonders problematisch sind Mixturen aus Östrogen und Progesteron in Form von Cremes zum Auftragen. Während Östradiol gut über die Haut aufgenommen werden kann, gilt dies nicht für Progesteron. Eine falsche Therapie mit unabsehbaren Folgen kann drohen. Bioidentische Hormone sind also keinesfalls besser, gesünder oder harmloser. Eine sichere, individuelle Therapie können die Frauenärztin oder der Frauenarzt hingegen wirkungsvoll aus der Vielzahl pharmazeutisch hergestellter Hormonpräparate zusammenstellen, zugeschnitten auf die jeweiligen Belange der Patientinnen.



Hormonlexikon
Gestagen, auch Gelbkörperhormon oder Schwangerschaftshormon genannt, ist ein weibliches Sexualhormon und wirkt auf die Entstehung und Erhaltung einer Schwangerschaft. Nach dem Eisprung entsteht im Eierstock ein Gelbkörper, der Gestagene bilden kann.

Progesteron ist ein Sexualhormon aus der Gruppe der Gestagene und bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung eines befruchteten Eis vor. Ein Absinken des Progesteron-Spiegels leitet die erste Phase der Wechseljahre ein.

Östrogen, wird in den Eierstöcken, der Plazenta und Nebennierenrinde produziert und steuert nicht nur den Zyklus, sondern spielt auch in der Schwangerschaft eine wichtige Rolle. Eine Veränderung des Hormonspiegels kann den Knochenabbau hemmen und den Stoffwechsel beeinflussen. Östradiol und Östriol zählen zur Gruppe der Östrogene.

Yamswurzel, enthält das Hormon Diosgenin, das dem menschlichen Gelbkörperhormon Progesteron ähnelt. Extrakte können dazu beitragen Beschwerden in der Menopause wie Hitzewallungen, Rast- und Schlaflosigkeit zu lindern.

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